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UHINI.DE - SÜDTIROL - PROLOG
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Etwas
über zehn Jahre lang schrieb ein Berggipfel im Ahrntal in Südtirol
Radiogeschichte. Beinahe genauso lange dauerte der Kampf eines
Sendetechnikers aus Terlan bei Bozen gegen Behörden, Umweltschützer, Attentäter
und schließlich auch gegen zahlungsunwillige Radiomacher. Als
letzterer Ärger noch hinzu kam, hatte Roland Huber die Nase endgültig
voll: Im Sommer 1993 unternahm er nichts mehr gegen einen erneuten
Abrissbescheid für seine Sendeanlage auf dem rund 3370 Meter hohen
Schwarzenstein in den Zillertaler Alpen.
Und
nachdem auch die Gemeinde Ahrntal an einem Weiterbetrieb der Station
kein Interesse mehr zeigte, war das Schicksal des Standorts, von dem
1983 erstmals gut empfangbares Privatradio in Richtung Bayern abgestrahlt
wurde, besiegelt. Südtirols Landesregierung, äußerst zermürbt von den ewigen
gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Sendetechniker Huber,
packte die Gelegenheit beim Schopf. Sie beendete am 6. September 1993
kurz nach 12 Uhr mittags die Querelen um den Berggipfel. Von
Mitarbeitern der Forst- und Domänenverwaltung sowie der Carabinieri
wurde die Anlage still gelegt und in den folgenden Wochen per
Hubschrauber komplett ins Tal abtransportiert.
Heute erinnert auf dem Schwarzenstein nichts mehr an Stationen wie Südtirol
1/Radio Brenner, Radio Tele Schwarzenstein (RTS), Radio M 1 oder Radio
Bavaria International (RBI). Viele Ahrntaler schwelgen aber immer noch
gerne in Erinnerungen an die bewegte Geschichte einer der höchstgelegenen
Sendeanlagen Europas.
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Die legendäre Sendeanlage auf dem Schwarzenstein.
Fotos
von Senderstandorten
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Dabei wurde auf dem Schwarzenstein gar nicht der Startschuss für
Privatradio aus Südtirol für Bayern gegeben. Zwei Stationen, Radio
Bavaria International und Radio Brenner, waren schon vor 1983 auf
Sendung gegangen. Deren Sendestandorte reichten aber lediglich für
guten Empfang in Nordtirol aus. In Bayern - dort wollte man ja den
Werbemarkt erobern - kam nur wenig von den Programmen an. Obendrein
scheute der Bayerische Rundfunk (BR) damals keine Kosten und Mühen,
die Frequenzen der "Piraten" möglichst umgehend mit eigenen
Programmen zu belegen.
Als 1983 der
Schwarzenstein in Betrieb ging, war das anders. Angesichts der Stärke
des Signals, das der ideal gelegene Berggipfel mit Sichtverbindung
nach München ermöglichte, hätte der BR das Programm lediglich stören,
aber nie komplett aus dem Äther drücken können. So wird rückblickend
klar, dass gerade Radio M 1 mit der nur wenige Monate andauernden
Programmabstrahlung im Sommer 1983 die entscheidenden Impulse für die
Einführung von privatem Hörfunk in Bayern gesetzt hat. Diese
erfolgte 1984 im Kabelpilotprojekt, 1985 dann terrestrisch.
Dennoch gab es
Nachfolgestationen, die es weiter von Südtirol aus probierten: etwa
Radio C, Südtirol 1, Radio Transalpin oder das 1990 wiedergeborene
Radio M 1. An den Erfolg der Pioniere
kamen sie aber nie
heran.
Zur Rechtslage
in Italien: Seit dem 28. Juli 1976 herrschte hier, also auch in
Südtirol, eine Art gesetzloser Zustand betreffend Rundfunk und Fernsehen, nachdem
das entsprechende Gesetz vom 14. April 1975 durch ein Gerichtsurteil in seinen wesentlichen Teilen für verfassungswidrig erklärt
worden war. Diese Lücke des Gesetzes ausnutzend, entstand eine
Vielzahl an privaten Hörfunksendern. Erst 1990 wurde ein neues Gesetz
verabschiedet, das die Medienlandschaft reglementierte: das sogenannte
"Legge Mammi", benannt nach dem damaligen Postminister Oscar Mammi.
Das
Foto rechts zeigt den Container auf dem Schwarzenstein nach dem Brandanschlag 1989.
Damals wurde die Anlage, abgesehen von der Antenne im
Hintergrund, fast völlig zerstört. Dabei hatte der
damalige Mieter, Südtirol 1, mit einem derartigen Anschlag
gerechnet. Doch die Wache, die sich eigentlich rund um die
Uhr im Container aufhalten sollte, war zum Zeitpunkt der
Brandstiftung gerade zur bewirtschafteten Schwarzensteinhütte abgestiegen,
um den "Getränke-Nachschub" zu organisieren. Diese
Situation registrierte offenbar auch der mutmaßliche
Brandstifter, der sich ebenfalls auf der Hütte befand und
somit wusste, dass die Anlage vorübergehend unbewacht
war.
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