Radio C

1984 tauchte eine neue Station auf, die von Südtirol aus nach Bayern sendete. Und obwohl deren Sendestandort nicht wesentlich höher lag als der von Radio Brenner, gelang es mittels eines technischen Tricks, ein passables Signal in Richtung Norden zu senden. Sogar im Autoradio war "Radio C", so der Name des neuen Senders, in zufriedenstellender Qualität zu hören. Von der Zielgruppe her peilten die Macher nach einer Testphase exakt das Publikum des ehemaligen "Radio M 1" an. Nicht nur das Musikformat war ähnlich, sogar das Programmkonzept wies Parallelen auf. Und auch Ex-M 1-Moderatoren tauchten wieder auf. Schon im Frühjahr 1984 war in Südbayern auf der Frequenz 101,1 Mhz plötzlich das italienisch-sprachige Programm von Radio Rosengarten aus Bozen zu empfangen. Standort der Sendeanlage war das 2750 Meter hohe Hühnerspiel oberhalb von Gossensaß.

Links: Nachrichtensprecherin Hannelore Plunger im "Radio C"-Studio; Mitte: Die ehemalige Sendeanlage auf dem Gantkofel (1870 m), über die schon Radio C und dessen Nachfolgestationen große Teile Südtirols versorgten. Aufgrund der exponierten Lage erfolgt von hier aus auch das Zuspiel zu anderen Standorten (etwa zur Plose bei Brixen, die vom Gantkofel aus mit bloßem Auge zu sehen ist). Heute steht an dieser Stelle ein moderne2 Sendecontainer, der vom Techniker Roland Huber errichtet wurde (2. Foto v.re.). Diesen nutzen die Antenne und Radio Grüne Welle gemeinsam; Rechts: Die legendäre C-Antenne auf dem Hühnerspiel.

Dieser Gipfel bot zwar nicht ganz optimale Voraussetzungen, um störungsfrei nach Bayern zu senden, war aber durch eine Liftanlage gut erschlossen. Die Rosengarten-Abstrahlung erfolgte freilich nur zu Testzwecken. Langfristig sollte ein deutschsprachiges Programm gen Norden gesendet werden. Schon 1983 hatte die "Neue Constantin Film" aus München die beiden Stationen "Radio Rosengarten" und "Radio 104" gekauft. Parallel rief man ein Projekt namens "Radio C" ins Leben, das aber zunächst nicht realisiert wurde. Im Frühjahr 1984 stieß die Neue Constantin die beiden Stationen wieder ab. Sie gingen in den Besitz des deutschen Unternehmens "Conrad Electronic" über. Und von diesem Moment an war auch "Radio C" wieder aktuell. Nach monatelangen Tests mit "Radio Rosengarten" startete im Sommer 1984 die neue Station mit einem Non-Stop-Musikprogramm. Die Anlage auf dem Hühnerspiel war mittlerweile ausgebaut worden, die Leistung hatte man drastisch erhöht. Aber nicht nur die beiden 20 Kilowatt-Sender sorgten für guten Empfang in Bayern. Da das Signal nur über Spiegelungen nach Deutschland gelangte, bediente man sich eines Tricks: Die Radio C-Techniker um den Südtiroler Günther Ebner errichteten eine zirkulare Antenne, also eine Kombination aus vertikaler und horizontaler Polarisation.

Während des Non-Stop-Programms wurden die Hörer immer wieder aufgefordert, Empfangsberichte nach Bozen zu schicken. Hier war "Radio C" zusammen mit Radio Rosengarten und Radio 104 an der Italienstraße 20 beheimatet. Man sendete - und das ist eine weitere Parallele zum Jahr 1983 - just aus dem Studio, das zuvor "Radio M 1" angemietet hatte. Nach einigen Korrekturen an der Antennen-Anlage waren die Resultate der Tests für die Radio C-Betreiber offenbar zufriedenstellend. Ab August 1984 widmete man sich zunehmend dem Programm.

Die ersten moderierten Sendungen tauchten zwischen 14 und 18 auf. Zunächst lief das "Power Pac" mit Much, anschließend die "Rush Hour" mit Armin. In einem nächsten Schritt wurde die Frühsendung "Muntermacher" von 6 bis 9 Uhr eingeführt, letztere Show wurde sogar ein einziges Mal von Brenner-Moderator Rainer Schauberger moderiert. Als das Programm schließlich komplett war, waren Ähnlichkeiten mit dem ehemaligen M 1-Konzept unübersehbar. Und auch einige bekannte Moderatoren tauchten wieder auf: Claus-Dieter Weninger, Willi Zwingmann, Michael "Much" Pichler oder Irmi Paus. Vom Münchner Kabel-M 1 kam Stefan Schneider nach Bozen. Ferner dabei: Fiete Blum, Neppo Alexa, Ernie Lange, Harry Siegler, Armin Kessler und Günni Keil. Programmchef war Werner Conrad ("Mighty Werner").

Einen wesentlichen Unterschied zu "Radio M 1" gab es allerdings. Während auf dem Sender vom Schwarzenstein ein Mix aus Rock, Pop und Soul zu hören war, formatierte sich "Radio C" wesentlich exakter. "Pure Rock" lautete die Devise, die ab 1985 nahezu konsequent in die Tat umgesetzt wurde. Da Privatradio in Deutschland zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen steckte, erfreute sich "Radio C" schnell großer Beliebtheit und wurde sogar in mehrere Kabelnetzte in Bayern eingespeist. Das wurmte natürlich den großen BR. Und der reagierte wie gewohnt: Die Frequenz 101,1 Mhz wurde Anfang 1986 mit "B 4 Klassik" belegt. Folge: Radio C wechselte auf die 104,5. Kurz darauf der zweite Schlag: Die Südtiroler Landesregierung versiegelte die Sendeanlage auf dem Hühnerspiel. Zwar konnte über eine Reserveanlage mit verminderter Leistung weiter gestrahlt werden, doch der Empfang in Südbayern verschlechterte sich erheblich. So flog "Radio C" nach und nach wieder aus den Kabelnetzen, obendrein stornierten Werbekunden ihre Aufträge.

Um die Existenz der Station weiter zu sichern, beschlossen die Betreiber die Zusammenlegung von "Radio C" und "Radio 104". So war man zumindest in Südtirol nahezu flächendeckend zu empfangen. Die Fusion wurde im Herbst 1986 realisiert. Zu diesem Zeitpunkt hatte "Radio C" auch massive Konkurrenz bekommen: Vom Schwarzenstein, den die Behörden wieder freigegeben hatten, strahlten "Südtirol 1" (Ex-Radio Brenner) und "Radio Tele Schwarzenstein" (RTS) ihr Programm nach Norden. Mit weniger Leistung und natürlich besserem Empfangsresultat als "Radio C".

"Radio C" nannte sich nach der Sender-Fusion "Radio C Südtirol". Die lokale Berichterstattung wurde ausgebaut, obendrein vollzog sich ein reger personeller Wechsel. Mit Stefan Schneider verließ im Herbst 1986 der letzte deutsche Moderator die Station. Thomas Conrad ("TC") löste seinen Bruder Werner als Chef ab. Nur noch der "Muntermacher" und die "Rush Hour" waren in der Folge live moderiert, ansonsten liefen die Programme automatisiert. Wenige Wochen später wurde die Abstrahlung über die Anlage auf dem Hühnerspiel endgültig eingestellt. Das hatte einerseits wirtschaftliche Gründe, andrerseits wollte man aber auch dem Radio-Engagement von "Conrad Electronic" in Deutschland (in München auf 92,4 Mhz) nicht in die Quere kommen.

1996 beschloss das Unternehmen, sein Radio-Engagement in Südtirol zu beenden. "Radio C" ging in Besitz der britischen Firma "GWR" über. Die Station wurde schnell umformatiert. Unter dem Namen "Radio T 1" sendete man nun Schlager und Volksmusik. Als dies nicht funktionierte, änderte man den Namen erneut: "Melody FM" (in Anlehnung an die Salzburger GWR-Station) konzentrierte sich auf Pop-Musik und Oldies. Das Musikformat änderte sich auch nicht, als im Jahr 2000 der Name in "Neue Antenne" abgeändert wurde. Der Sender war voll in das österreichische GWR-Network integriert, lediglich die Morgensendung und die Lokalnachrichten kamen aus Bozen. Ende 2001 wurden erstmals Gerüchte laut, die GWR wolle den Sender in Bozen abstoßen. Anfang November 2002 wurde die Antenne offiziell zum Kauf angeboten, seit 15. Dezember 2002 gehört sie zu Radio 2000.


Weiterführende Links:

Radio C-Programmschema 1984

Radio C-Zeitung - Einzige Ausgabe

Hühnerspiel-Fotos 2004

Radio C - Broschüre für
Werbekunden (1985)






Die C-Anlage auf der Flatsch (100,8 Mhz), die "Antenne Südtirol" in Richtung Norden abstrahlt. Zielgebiet ist Innsbruck und Umgebung, aber auch in exponierten Lagen Oberbayerns (z.B. in Tutzing) ist noch Empfang möglich