Radio Bavaria International & Radio M 1 (1983)

Da in Verbindung mit dem Namen "Radio M 1" häufig Verwechslungen auftreten, eingangs eine Übersicht über die Stationen, die unter dieser Kennung gesendet haben.

Name

Zeitraum

Haupt-Senderstandort

Studio

Geschäftsführung

Radio M 1 01.08.83-15.10.1983 Schwarzenstein (Südtirol) Italienstraße,
Bozen
Christoph Schmitz
Radio M 1 01.04.1984-31.10.1984 Kabelpilotprojekt München Fraunhoferstraße, München Christoph Schmitz
Radio M 1 01.11.1984-28.05.1985 Kabelpilotprojekt München Fraunhoferstraße, München Maria-Theresia von Seidlein
Radio M 1 29.05.1985-07.02.1989 Kabel & UKW 92,4, München Fraunhoferstraße, München Maria-Theresia von Seidlein
Radio M 1 05.08.1990-06.09.1993 Schwarzenstein (Südtirol) Neustadt,
Sterzing
Helga Führer
Radio M 1
07.09.1993-Mai 2003
Zirog (Südtirol)
Neustadt,
Sterzing
Helga Führer

Frühjahr 1983: Radio Brenner strahlte wacker von Südtirol gen Bayern. Mit dem nur mäßigen Empfang in München hatten sich Bernd Kühl & Co. abgefunden. Immerhin war man die einzige Station, die zu diesem Zeitpunkt die Landeshauptstadt München überhaupt mit privatem Hörfunk versorgte. Doch die Konkurrenz - darunter u.a. ausgerechnet ein ehemaliger Gesellschafter von Radio Brenner - schlief nicht und holte nur wenige Wochen später zum Überraschungscoup aus. 

Schon 1981 suchte Roland Huber, Elektrotechniker aus Bozen, nach einem optimalen Standort für Hörfunksendungen aus Südtirol nach Bayern. Und tatsächlich machte er den knapp 3.400 Meter hohen Schwarzenstein in den Zillertaler Alpen als idealen Berg ausfindig. Zusammen mit Hans Benedikter (BE), Abgeordneter der Südtiroler Volkspartei, und einem weiteren Partner gründete Huber (HU) daraufhin die Firma "BEHUPA". Ziel der GmbH: die Errichtung eines leistungsstarken Senders auf dem Schwarzenstein. Zunächst fehlte der "BEHUPA" das notwendige Kapital. Das änderte sich jedoch, als 1982 der Kontakt zu dem Schweizer Wirtschaftsanwalt Dr. Rolf Egli zustande kam, der zuvor bei Radio Brenner finanziell engagiert war.

Egli war nach seinem Abschied bei Brenner bei "Radio Bavaria International" eingestiegen. Jo Lüders und sein Team machten sich denn auch kurzfristig Hoffnungen, sie könnten den Sendebetrieb doch noch einmal aufnehmen. RBI feierte tatsächlich ein Comeback, allerdings ohne Lüders und die anderen Teilhaber aus der RBI-Gründerzeit. Die drängte Egli aus der Firma und ersetzte sie durch den Kölner Kaufmann Christoph Schmitz als Geschäftsführer. Einige Moderatoren, etwa Rick Hölzl oder Claus-Dieter Weninger, wurden übernommen. In aller Eile errichtete Roland Huber nun auf dem Schwarzenstein eine Sendeantenne sowie einen Container mit Dieselmotor für die Stromversorgung. Immerhin gab es dafür von der zuständigen Gemeinde Ahrntal eine "Versuchsgenehmigung".

An dieser Stelle eine kurze persönliche Schilderung des Autors: Angesichts des drögen BR-Programms hatte ich mir bis zum Sommer 1983 meist mit Programmen wie AFN, Ö3 oder auch SDR 3 beholfen. Gerade letztere Station strahlte ein musikalisch und auch journalistisch anspruchsvolles Programm aus. Es bestach unter anderem durch eine extrem hohe Rotation bei der Auswahl der Song-Titel, die heute leider Gottes absolut verpönt ist. Auch die zahlreichen Musik-Spezialsendungen, etwa der "Treff nach Zwei" waren von höchstem Niveau, nicht nur wegen des hohen Rock-Musik-Anteils. "Radio Brenner" und "Radio Bavaria International" kannte ich zwar, hatte diese Stationen aber aufgrund des mäßigen Empfangs eher vernachlässigt. In einer Freizeit-Fußballmannschaft, in der ich damals spielte, kickte auch ein gewisser Michael "Goofy" Förster, der in der Werbebranche tätig war. Im Frühjahr 1983 erzählte er mir, er arbeite jetzt für einen Radiosender, der demnächst von Südtirol nach Bayern strahlen werde. "Der Empfang in München und in ganz Südbayern wird sensationell sein", kündigte Förster an - und wurde von allen, die schon mal "Radio Brenner" eingeschaltet hatten, belächelt. Doch "Goofy", der mir bald auch Namen ("RBI") und Frequenz (104,7 Mhz) der Station mitteilte, sollte Recht behalten.

Links: Der "Entdecker" des Senderstandorts Schwarzenstein in den Zillertaler Alpen: Roland Huber, Sendetechniker aus Bozen. 1983 ging von dort mit Radio M1 die erste Station auf Sendung und schickte ein Signal in nahezu optimaler Qualität in Richtung Bayern. Sogar im Autorradio war hervorragender Empfang möglich; Mitte oben: Andy Wenzel (l.) und Michael "Goofy" Förster anno 1983; die anderen beiden Fotos zeigen die Anlage auf dem Schwarzenstein mit Antenne und Sendecontainer, in dem sich die Technik und der Dieselmotor befanden

Im Mai und Juni waren auf 104,7 bereits vereinzelt Testsendungen zu hören. Diese wurden allerdings mit sehr geringer Leistung abgestrahlt. Umso größer war die Überraschung, als am Abend des 1. Juli 1983 das neue "Radio Bavaria International" auf Sendung ging. Mit einer Leistung von 25 kW sendete man vom Schwarzenstein in astreiner Mono-Qualität ein Pop- und Rock-Programm nach Bayern. 

Die Musikauswahl war auf der neuen Station ebenso revolutionär wie die Moderation. Hatte "Radio Brenner" noch versucht, den BR zu imitieren, setzte "RBI" völlig neue Akzente: Hier präsentierten erstmals Discjockeys, die zum Teil aus der Münchner Szene stammten, die moderierten Programme und die Non-Stop-Strecken. Mit dabei waren unter anderem Daniel Kovac, Willi Zwingmann, Heinz Burghart, Benny Schnier, Andy Wenzel, Radi Vadic, Irmi Paus, Claus-Dieter Weninger, Rick Hölzl, Michael Pichler und Fredy Leitner. Das Sendestudio befand sich in Bozen, Italienstraße 20 (heute Italienallee). Nach etwa drei Wochen Sendebetrieb legte ein Blitzschlag die Anlage auf dem Schwarzenstein kurzzeitig lahm. Als die Programme wieder aufgenommen wurden, gab es zwei Tage lang nur Non-Stop-Music. Am 1. August 1983 meldeten sich auch die Moderatoren zurück - mit dem brandneuen Namen der Station: "Radio M 1".

RBI sei häufig mit "Radio Brenner" verwechselt worden, lautete die offizielle Begründung. Tatsächlich jedoch hatte Roland Huber zusammen mit Dr. Rolf Egli und Christoph Schmitz eine neue Firma namens "Radio M 1" gegründet. Die BEHUPA GmbH war zuvor aufgelöst worden. Am Musikprogramm änderte sich durch den Namenswechsel nicht viel, allerdings sendete man nun in Stereo. Gerne wird "Radio M 1" als reine Rock-Station bezeichnet, was jedoch nicht den Tatsachen entspricht. Zwar nahm die Rock-Musik einen breiten Rahmen ein, es liefen aber vor allem im Tagesprogramm auch Pop- und Soul-Titel. In den ersten beiden Monaten wurden zahlreiche Programme im Münchner Studio an der Fraunhofer Straße 23 vorproduziert und dann von Christoph Schmitz fast täglich nach Bozen gebracht. Das änderte sich, als die GEMA auf den neuen Sender aufmerksam wurde, der sich schon nach wenigen Wochen enormer Beliebtheit erfreute. Statt Gebühren zu entrichten, verlegte man die komplette Moderation nach Bozen. In Wochenschichten schob nun jeweils die Hälfte der M 1-DJs Dienst in Südtirol, jeweils am Freitag erfolgte der Wechsel. 

Für M 1 schien alles nach Plan zu laufen: Der Erfolg in Südbayern war durchschlagend, der Werbeverkauf lief optimal. Am 16. August 1983 wurde allerdings die Genehmigung für die Versuchsanlage auf dem Schwarzenstein durch die Südtiroler Landesregierung annulliert. Zu durchsichtig war wohl, dass sich die Betreiber auf ein langfristiges Projekt eingerichtet hatten. Zudem gab es Beschwerden von Umweltschützern wegen des Lärms und des Dieselgeruchs auf dem Berg. Als dann auch noch "Radio Brenner" eine zweite Anlage errichtete, war das Maß offenbar voll. "Brenner" ging erst gar nicht auf Sendung, für M 1 war nur wenige Wochen später Schluss. Kurz vor dem Ende gab es allerdings noch einen dubiosen Vorfall: Am 11. Oktober 1983 kappten Unbekannte auf dem Schwarzenstein die Halteseile der
M 1-Antenne. Der Mast kippte beim nächsten stärkeren Windstoß um und brach ab. Der Anschlag wurde später häufig Mitarbeitern von "Radio Brenner" zugeschoben. Ein M 1-Techniker schwor daraufhin Rache und setzte diese auch mehrfach in die Tat um. In Deutschland wurde er wegen "Schwerer Brandstiftung" zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, setzte sich aber rechtzeitig nach Chile ab. Nur zwei Tage nach dem Attentat sendete M 1 wieder über eine Not-Antenne, allerdings mit häufigen Unterbrechungen. Ob es relevant war, dass der Sender gerade nicht lief, als am 15. Oktober die Versiegelung der Anlage erfolgte, sei dahin gestellt. Wenig aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang auch die Statements in einem Artikel der Zeitschrift "Gong", der im Herbst 1983 erschien (siehe Link unten). 

Trotz des nur wenige Monate andauernden Sendebetriebs hatte M 1 Großes bewirkt. Eiligst krempelte der BR sein Programm um, im April 1984 startete im Kabel Privatradio in München, ein Jahr später gab es dann terrestrische Frequenzen. Radio M 1 war bis zum Frühjahr 1989 mit dabei, dann wurde die Station in "Radio Arabella" umgewandelt. Die Geschichte von M 1 war damit aber noch lange nicht beendet. Sie führte 1990 wieder zurück nach Südtirol.

Weiterführende Links:

RBI/M 1-Programmschemata

Artikel über Radio M 1 (Gong; Herbst 1983)

Schwarzenstein-Video