Radio Tele Schwarzenstein (RTS)

Dass im Frühjahr 1986 wieder Musik vom Schwarzenstein nach Bayern drang, war eine Riesenüberraschung. Radio Tele Schwarzenstein (RTS) nannte sich die Station, die den zweiten Angriff auf den begehrten Berggipfel in den Zillertaler Alpen (ca. 3400 m) einleitete. Mit einem attraktiven Musik-Mix aus Pop, Rock und Soul wollten die Betreiber Hörer gewinnen. Die Geschichte von RTS war allerdings schon im August 1986 auf Grund finanzieller Probleme wieder beendet.

Links: Sendetechniker Roland Huber; Mitte: Die Sendeantenne auf dem Schwarzenstein; Rechts: Michael im Studio von Radio Tele Schwarzenstein in Reischach 

An dieser Stelle zunächst wieder einige persönliche Worte des Autors: Mein Kontakt zu Christoph Schmitz, der 1983 als Geschäftsführer "Radio M 1" aus der Taufe gehoben hatte, war über all die Jahre nicht abgerissen. Schon im Dezember 1985 zeigte mir Schmitz die abgebrochenen Siegel, mit denen die Landesregierung Südtirols seinerzeit die Anlage auf dem Schwarzenstein außer Gefecht gesetzt hatte, und kündigte an: "Bald geht es von dort oben wieder los." Da sich schon zu diesem Zeitpunkt andeutete, dass ich im Sommer 1986 noch beinahe drei Monate Resturlaub abzubauen hatte, sagte ich spontan mein Mitwirken zu.

Am Karfreitag des Jahres 1986 gegen 11 Uhr war es dann soweit: Auf der Frequenz 105,0 Mhz war ein Messton zu hören, gegen 19 Uhr wurde dieser von Non-Stop-Music abgelöst. Geschäftsführer von RTS war Christoph Schmitz, als technischer Leiter und offizieller Betreiber fungierte natürlich Roland Huber. Eine Agentur in München ("RTS Tool") sollte sich um die Werbung kümmern.

Die neue Station hatte während der Startphase allerdings mit großen Problemen zu kämpfen. Gesendet wurde ohne Kompressor/Limiter, außerdem gab es weder ein Telefon noch eine Bandmaschine als Abspielmöglichkeit für Non-Stop-Music. Folgen: Die Programme, die just mit dem Mischpult gefahren wurden, mit dem schon M 1 von Bozen aus gesendet hatte, waren zunächst hoffnungslos übersteuert. Die drei Mitarbeiter vor Ort gestalteten das 24-Stunden-Programm wochenlang im Schichtdienst live. Nahezu legendär: Ein Moderator nickte einmal nachts nach 23 Uhr am Mischpult ein, was zu einem ca. 45 Minuten langen Sende-Loch führte. Zwischenzeitlich musste auch noch der Motor des Senders auf dem Schwarzenstein ausgetauscht werden, dabei erfolgte die Umstellung von Diesel auf Gas.

Das Studio von RTS befand sich im Keller eines Privathauses in Reischach oberhalb von Bruneck. Dies hatte den Vorteil, dass das Signal vom Dach des Gebäudes direkt zum Schwarzenstein übertragen werden konnte, da Sichtverbindung herrschte. Die Räumlichkeiten waren zuvor von "Radio Holiday" genutzt worden. Aufgrund der technischen Mängel bei der Aussteuerung, musste natürlich während der Startphase häufig telefoniert werden. Dies geschah über den Privatanschluss der Familie, die die anderen Stockwerke des Hauses bewohnte. Im Sommer 1986 bekam man die Probleme langsam aber sicher in den Griff. Zudem war die lang ersehnte Tonband-Maschine eingetroffen, und auch die ersten Hörer-Reaktion stimmten das Team optimistisch. Zu hören gab es nun unter dem Motto "Radio vom Schwarzenstein" einen handverlesenen Musik-Mix, einzige moderierte Sendung war wochentags von 6.15 Uhr bis 9.15 Uhr "Mr. Morning" mit Michael (Mike Uhini). 

Doch die Geschichte von "RTS" dauerte nur bis zum August 1986. Der Werbeverkauf lief wider den Erwartungen doch sehr träge an, so waren die finanziellen Mittel schnell aufgebraucht. RTS-Betreiber Roland Huber, der mit der Wiedergeburt der Schwarzensteins eigentlich Geld verdienen wollte, hatte sich vorsorglich schon mal nach weiteren Partnern umgesehen. Er fand diese bei "Radio Brenner" - der Station, die schon 1983 einen erfolglosen Angriff auf den Gipfel in den Zillertaler Alpen gestartet hatte. Nachdem Huber mit "RTS" zumindest demonstriert hatte, dass die Sendeanlage wieder funktionierte, griffen die Brenner-Betreiber postwendend zu. Nach wochenlangem Non-Stop-Testprogramm auf 104,05 Mhz gingen Bernd Kühl, Waldemar Müller & Co. am 10. Juli offiziell auf Sendung. Allerdings unter neuem Namen: "Radio Brenner" nannte sich nun "Südtirol 1". Die letzte RTS-Sendung lief am Nachmittag des 05. August 1986. Christoph Schmitz verabschiedete sich von den Hörern mit dem Song "All I Need Is A Miracle" von Mike & The Mechanics. Das erhoffte Wunder - ein baldiges Wiederaufleben von RTS - blieb freilich aus.