Radio History München - Prolog

Hektische Betriebsamkeit herrschte im Herbst 1983 bei den öffentlich-rechtlichen Hörfunksendern in Bayern und auch bei den Politikern. Da hatte eine Station namens Radio M 1 nur einige Monate aus Südtirol in Richtung Bayern gesendet und innerhalb dieser kurzen Zeit einen nie erwarteten Popularitätsgrad erreicht. Das lag natürlich zum einen an der guten Qualität, mit der M 1 vom Gletscher Schwarzenstein im Ahrntal nach Bayern hinein strahlte, zum anderen aber auch an der unkonventionellen Musikauswahl und an der für Süddeutschland bis dato völlig neuen Präsentation eines Hörfunkprogramms. Für die Politiker gab dies den Anstoß, die Struktur der Medienlandschaft in Bayern zu überdenken. Gegründet wurden dazu bereits 1982 die MPK (Münchner Pilotgesellschaft für Kabelkommunikation) und dann zum 01.04.1985 die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM). Erster BLM-Vorsitzender war Rudolf Mühlfenzl (Ex-BR), ihm folgte Wolf-Dieter Ring, 2011 Joachim Herrmann. Dem wenig später ebenfalls neu gegründeten BLM-Medienrat stand Klaus Kopka vor (bis ins Jahr 2003 im Amt). 

Foto lks: Die erste Kabelkopfstation in München wurde vorübergehend im Europäischen Patentamt eingerichtet; Foto re.: Das M 1-Team kurz nach dem Sendeschluss in Südtirol im Herbst '83: (v.l.) Willi Zwingmann, Irmi Paus, Heinz Burghard, Goofy Förster, Karl-Heinz Wieder, Andi Wenzel, Claus-Dieter Weninger, Christoph Schmitz. Porträtfotos (im Uhrzeigersinn): Claus-Dieter-Weninger und Michael "Much" Pichler waren nach dem Ende von M 1 u.a. auf Radio C zu hören, Daniel Kovac wechselte zu Bayern 3, Fredy Leitner zu Radio Brenner. Mehr zum weiteren Werdegang der Moderatoren auf den Namensregister-Seiten für Südtirol und München. 

Für die öffentlich-rechtlichen Stationen - in diesem Falle vor allem für den Bayerischen Rundfunk - war es im Hinblick auf die nahende private Konkurrenz zu diesem Zeitpunkt schon fünf Minuten vor Zwölf. Also reagierte man erstaunlich schnell: Zum Jahreswechsel baute das Programm Bayern 3 seine Jugendschiene auf fünf Stunden aus. Zu dem Platzhalter "Pop nach Acht" gesellten sich drei neue Sendungen, in denen sich erstaunlich viele Musiktitel wiederfanden, die im Sommer 1983 auch auf M 1 zu hören gewesen waren. Sogar eine Stimme des Senders aus Südtirol tauchte völlig unerwartet bei Bayern 3 auf: Daniel Kovac moderierte zwischen 19 und 20 Uhr "Seven O' Pop". 

Daniel Kovac, Irmi Paus, der Österreicher Claus-Dieter Weninger und die beiden Südtiroler Michael Pichler und Fredy Leitner waren aber die einzigen Moderatoren, die dem M 1-Team den Rücken gekehrt hatten. Die übrigen Mitarbeiter harrten eisern in den Räumen an der Fraunhofer Straße 23 in München aus (mit Hilfe einer stattlichen Sammlung an Gesellschaftsspielen) und warteten auf die erhoffte Radio-Revolution in Bayern. Diese wurde dann offiziell am 01. April 1984 vollzogen, allerdings zunächst noch beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Mit Radio M 1, Radio Xanadu, Radio Aktiv und der Neuen Welle Bayern starteten vier Programme im Zuge des Kabelpilotprojekts. Hörer hatte man in dieser Phase kaum, hatte doch die Verkabelung in der Landeshauptstadt eben erst begonnen. Und terrestrische Frequenzen für privaten Hörfunk sollte es nicht vor 1985 geben.

Glücklicherweise konnten die Programme rund um das Europäische Patentamt, wo sich die erste provisorische Kabel-Kopfstation befand, dank einer sehr hohen Kabel-Abstrahlung auch annähernd störungsfrei terrestrisch empfangen werden. So bildete sich schnell ein kleiner aber feiner Kreis von Hörern, der in erster Linie aus den Stadtteilen Haidhausen und Isarvorstadt stammte. Dass mit dieser geringen Reichweite keine Werbung zu verkaufen war, lag allerdings von Beginn an auf der Hand. Und so mussten die Pioniere zunächst mal eine finanzielle Durststrecke überstehen. 

Zur Rechtslage in Bayern: Laut Artikel 111a der Verfassung des Freistaats Bayern wird Rundfunk in öffentlicher Verantwortung und in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betrieben. An der Kontrolle des Rundfunks sind die in Betracht kommenden bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gruppen angemessen zu beteiligen. Um Privatradio zu realisieren, wurde mit der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien eine zweite öffentlich-rechtliche Anstalt (neben dem Bayerischen Rundfunk) ins Leben gerufen. Unter deren Trägerschaft senden die privaten Anbieter.

Chronik der Ereignisse

16. Juli 1982
Die Verträge für ein Kabelpilotprojekt in München werden unterzeichnet, die Münchner Pilot-Gesellschaft für Kabelkommunikation wird gegründet

01. April 1984
Das Kabelpilotprojekt startet. Im Hörfunkbereich sind Radio M 1, Radio Xanadu, Radio Aktiv und die Neue Welle München mit dabei

Januar 1985
Im Laufe der folgenden Monate starten zahlreiche weitere Privatsender im Kabel, so unter anderem Radio Gong, Radio 44, Musikwelle Süd, Rafio 89, Radio 2000 und Ufa-Radio

01. April 1985 Gründung der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM)

09. Mai 1985
Die ersten drei UKW-Frequenzen für Privatradio in München gehen on air: 89,0, 92,4 und 96,3 MHz. Um möglichst alle Anbieter aus dem Kabel unterzubringen, wird das umstrittene Frequenzsplitting eingeführt

13. August 1985
Nachdem sich mittlerweile bei der BLM weitere Anbieter um eine Frequenz beworben haben (u.a. Radio C, Radio Brenner, Radio, Radio Sound-Track, Radio 2day) sollen auf der Frequenz 92,4 noch mehr Sender untergebracht werden. Folge ist kurzzeitig ein heilloses Chaos, dann jedoch können die vier Ur-Anbieter per Einstweiliger Verfügung den alten Zustand wieder herstellen

September 1985
Erneut unternimmt die BLM einen Anlauf zur Integration weiterer Programme auf 92,4, doch auch diesmal dauert der Spuk nur wenige Tage. In der Folge fusionieren Radio 44 und Radio Xanadu, gesendet wird in der Folge unter dem Namen Xanadu

01. April 1986
Mit der 95,5 geht eine vierte UKW-Frequenz in Betrieb; hier sendet vorwiegend Radio Charivari, abends ist Rado 2day zu hören.

01. April 1986
Eine weitere Aufteilung der 92,4 ist nicht mehr aufzuhalten. Zu den Ur-Anbietern kommen Radio Brenner, Radio Sound-Track, Radio C und die Jazzwelle plus hinzu

30. September 1987
Da sich ein Großteil der Anbieter auf der 89,0 am landesweiten Sender Antenne Bayern beteiligt, wird die Frequenz vorübergehend stillgelegt

23. März 1988
Von München aus startet Star*Sat Radio via Satellt für ganz Europa

11. April 1988
Die 89,0 geht wieder in Betrieb. Hier senden nun Radio 2day, Star*Sat Radio München sowie weitere Kleinanbieter

11. April 1988
Radio M1, Radio Aktiv und Radio Brenner schließen sich auf der 92,4 zu einer Anbietergemeinschaft zusammen, die unter dem Namen "Radio M 1" sendet; weiterer Anbieter auf der Frequenz ist die Jazzwelle plus

18. April 1988
Mit der 93,3 geht eine zusätzliche Frequenz on air. Hier sendet Radio Xanadu - Citywelle München

07. Februar 1989
Radio M 1 stellt en Sendebetrieb auf der 92,4 komplett ein. Drei Monate später startet hier der Schlagersender "Radio Arabella"

Februar 1991
Aus Xanadu Citywelle München wird Xanadu Classic Rock mit Thomas Gottschalk als Programmdirektor

April 1992
Radio Arabella wechselt von der 92,4 auf die Frequenz 105,2

April 1992
Nach dem Ende von Star*Sat Radio senden auf der 89,0 nun Radio 2day, 89 Hit FM und Radio Horeb

11. Juni 1994
Aus Xanadu Classic Rock wird Energy 93,3

01. Dezember 2000
Auf der 89,0 senden nur noch 2day und Horeb. Seit dem Wechsel von Horeb im Mai 2004 auf die 92,4, sendet Radio 2day auf 89,0 alleine