
'Radio
Sonnenschein - Das war zu Beginn eher ein Jux'
Zeitzeugen-Interview
mit Walter Wiedenhofer (u.a. Radio Brenner; Eigentümer Radio
Sonnenschein)
(Copyright: uhini.de -
2015)
Walter Wiedenhofer ist aus
der Südtiroler Radio-Landschaft schon lange nicht mehr
wegzudenken. Schon in den
Siebzigern moderierte er auf Radio Rosengarten, später auf
Radio Nord, der Freien Südtiroler Welle, Radio Grüne Welle, Radio Tirol und
schließlich auch auf Radio Brenner. 1982 gründete er mit Radio
Sonnenschein seine eigene Station, die - im Gegensatz zu vielen
anderen Sendern - bis heute überlebt hat und sich im
Burggrafenamt nach wie vor großer Beliebtheit erfreut. Walter
Wiedenhofer ist ausgebildeter Radio- und Fernsehtechniker, was
den Vorteil hat, dass er in der Lage ist, seine eigenen Umsetzer
selbst in Schuss zu halten. Zudem sorgt sein Faible für
ausgefeilte Studiotechnik dafür, dass sich Radio Sonnenschein
hörbar von fast allen anderen Südtiroler Sendern im positiven
Sinne abhebt.
Walter,
wann wurdest Du vom Radio-Virus infiziert?
Das war schon sehr früh, so mit 15 oder 16
Jahren. Ich war damals CB-Funker und hatte
Kontakt mit Karl Thalmann, dem heutigen Betreiber von
Radio Nord. So erfuhr ich, dass in Bozen ein neuer
privater Radiosender entstehen soll: Radio
Rosengarten. Und da habe ich dann erstmals Radio
gemacht. Das Studio befand sich auf dem Virgl (Bozner
Hausberg; Anm.d.Red.), man musste den steilen Weg
entweder zu Fuß bewältigen oder mit dem Motorrad.
Meine erste Sendung war ein Wunschprogramm. Das habe
ich zusammen mit einem Kollegen moderiert: ich auf
Deutsch, er auf Italienisch.
Was
war dann Deine nächste Station?
Drei Leute haben sich nach geraumer Zeit von Radio
Rosengarten getrennt, darunter auch Karl Thalmann.
Diese haben 1977 Radio Nord gegründet, das bis heute
existiert. Hier war ich dann nach Radio Rosengarten
auf Sendung, anschließend auch bei der Freien
Südtiroler Welle - hier habe ich unter anderem die
legendäre MUM-Sendung moderiert (die Wunschsendung
am Samstagabend; Anm.d.Red.) - bei Radio Grüne
Welle und bei Radio
Tirol. Bis sich die Sache mit Radio Brenner ergab.
Wie kam der Kontakt zu Radio Brenner zustande?
Ich habe mich dort ganz offiziell beworben und
hatte dann auch ein Vorstellungsgespräch. Wenig
später bekam ich die Zusage. Das war schon etwas ganz
Besonderes, auf Radio Brenner zu moderieren. Einmal
war da das riesige Sendegebiet bis nach Bayern, und
außerdem konnte ich von den deutschen Mitarbeitern
des Senders unglaublich viel lernen. Nicht zuletzt hat
Radio Brenner wirklich sehr gut gezahlt.
Während dieser Zeit machtest Du dir aber auch schon
Gedanken über einen eigenen Radiosender, oder?
Der Gedanke war schon vorher da. Den hatte ich
eigentlich schon sehr lange. Und im September 1982
habe ich das dann ja auch - parallel zu Radio Brenner,
wo ich noch bis Ende 1983/Anfang 1984 auf Sendung war
- realisiert. Das war zu Beginn eher ein Jux. Doch als
dann bei Brenner die ganzen guten Leute nach Bayern
abwanderten, um dort bei den ersten Privatsendern mit
dabei zu sein, bin ich auch gegangen. Und dann habe
ich mich voll auf Radio Sonnenschein
konzentriert.
Noch einmal zurück zur Gründung von Sonnenschein.
Wie ergab sich das damals?
Ich habe zu dieser Zeit häufig mit Egon Telser und Kurt
Tomboli Wanderungen unternommen. Dabei haben wir immer
wieder über dieses Thema gesprochen. Irgendwann
beschlossen wir dann, einen eigenen Sender zu starten.
Zunächst haben wir mal einige Namen durchgespielt:
Radio Alpha, Radio Delta und so weiter. Plötzlich
kamen wir dann auf Sonnenschein, und dieser Name hat
uns allen spontan gefallen. Das erste Studio befand
sich in der Wohnung von Egon Telser, der Sender stand
oberhalb von Tscherms. Das Programm kam vorwiegend vom
Cassetten-Recorder. Mit dem Studio sind wir dann aber
bald umgezogen, und zwar in das alte Gebäude neben
unserem heutigen Sitz (Meraner Straße 16/A in
Lana; Anm.d.Red.). Da haben wir dann auch
begonnen, mit mehreren Umsetzern das Sendegebiet zu
erweitern und richtiges Programm zu
machen.
Radio Sonnenschein gibt es nun bereits seit über 30
Jahren. Wie hat sich der Sender aus Deiner Sicht
entwickelt?
Man merkt den Mitarbeitern auch heute noch die
Leidenschaft an, Radio zu machen. Reich wird man zwar nicht damit, aber man kann davon leben. Sicher
gab es auch mal Phasen, in denen ich ans Aufhören
gedacht habe. Aber die Passion, Radio zu machen, hat
jedes Mal überwogen. Radio vereinigt ja so
viele Dinge in sich: Technik, Internet, Musik und
Journalismus. Diese einzigartige Kombination hat mich
stets veranlasst, weiter zu machen. Sicher war früher
vieles einfacher. Vor Inkrafttreten des Mediengesetzes
Anfang der Neunziger ging es in der Südtiroler
Radioszene sehr viel lockerer zu. Heute muss man ja eine ganze
Menge an Auflagen erfüllen, und die Kosten
sind natürlich auch gestiegen. Man muss ins Programm
investieren, muss Angestellte bezahlen und vieles
mehr.
Radio Sonnenschein ist aber tatsächlich einer der
wenigen kleineren Sender, die durchgehalten haben.
Das stimmt. Als im August 1990 das neue Gesetzt in
Kraft trat, rief mich Willy Vontavon von Radio S 3 in
Brixen an. Man hatte ja zwei Jahre Zeit, das Programm
den neuen Gegebenheiten anzupassen, und Willy fragte
mich, ob ich denn weitermachen würde. Ich hab' ihm
gesagt: "Das ist mein Leben, natürlich mache ich
weiter." S 3 wurde damals ja dann eingestellt.
Wir hingegen haben uns angepasst und auch letztendlich
die Konzession bekommen. Ich glaube, wenn man viel
Enthusiasmus ausstrahlt, dann honorieren das auch die
Hörer und die Werbekunden. Natürlich wird die
Konkurrenz durchs Internet immer größer, aber da
muss man als UKW-Radio eben auch dort aktiv sein.
Wenn man das gut kombiniert, dann funktioniert es.
Du machst im Gegensatz zu vielen anderen
Südtiroler Sendern immer noch eigene Nachrichten.
Weshalb?
Weil wir ganz einfach unabhängig sein wollen. Wir
wollen selbst entscheiden, was wir senden und was
nicht. Andere Stationen, die auf das gesamte Paket des
Nachrichten-Dienstleisters RMI zugreifen mit
Nachrichten, Werbung und Wetter, übernehmen das ja
blind. Sie haben keinerlei Möglichkeit, auf die
Inhalte Einfluss zu nehmen. Radio Holiday zum Beispiel
hat ja deswegen begonnen, zusätzlich lokale
Nachrichten aus dem Pustertal auszustrahlen. Angebote
von der RMI zur Nachrichten-Übernahme habe ich schon
häufig bekommen, habe aber immer abgelehnt. Und das
werde ich auch in Zukunft tun.
Eigentlich wurdet Ihr ja auch noch jahrelang dafür
bestraft, dass Ihr die RMI-Nachrichten nicht
übernehmt. Denn Zuschüsse vom Land gab es ja bisher
keine.
Das trifft nicht nur auf uns zu, sondern auch auf
Radio 2000, die Antenne und noch einige andere Sender.
Das hat sich ja nun dank Landeshauptmann Arno
Kompatscher glücklicherweise geändert. Es gibt neue
Richtlinien für die Zuschussvergabe, von denen wir
nun endlich auch profitieren.
Du hast dich mit Radio Sonnenschein Ende der Neunziger
ja neu positioniert. Aus dem "Von jedem
etwas"-Format wurde ein Programm, das ganz klar
auf die Jugend ausgerichtet ist. Was war der Grund
dafür?
Das war eine ganz einfache Überlegung. Solch ein
Format hatte damals noch keiner in Südtirol. Wir
haben aber heute zunehmend wieder Elemente unseres
früheren Formats im Programm, nachdem die Dance- und
Techno-Welle mittlerweile doch sehr abgeflaut ist.
Sicher spielen wir viel Mainstream. Das erfordert
einfach die Situation auf dem Werbemarkt. Aber wir
spielen zum Beispiel auch die alten Funk- und
Soul-Songs aus den Achtzigern oder Siebzigern und
haben regelmäßig einen Kult-Hit im
Programm.
Wie siehst Du die Zukunft von Radio Sonnenschein?
Wir sind schon sehr lange auf dem Markt. Da hat
man seine fixen Kunden. Wir werden sicher immer
wieder ins Programm investieren, Neues einführen und
auch mal was ausprobieren. Langfristig glaube ich,
dass die Zukunft des Radios im Internet liegt. Aber
UKW wird sicher parallel immer weiterlaufen.
Walter, vielen Dank für das ausführliche Gespräch.
|