'Radio Sonnenschein - Das war zu Beginn eher ein Jux' 

Zeitzeugen-Interview mit Walter Wiedenhofer (u.a. Radio Brenner; Eigentümer Radio Sonnenschein)
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Walter Wiedenhofer ist aus der Südtiroler Radio-Landschaft schon lange nicht mehr wegzudenken. Schon in den Siebzigern moderierte er auf Radio Rosengarten, später auf Radio Nord, der Freien Südtiroler Welle, Radio Grüne Welle, Radio Tirol und schließlich auch auf Radio Brenner. 1982 gründete er mit Radio Sonnenschein seine eigene Station, die - im Gegensatz zu vielen anderen Sendern - bis heute überlebt hat und sich im Burggrafenamt nach wie vor großer Beliebtheit erfreut. Walter Wiedenhofer ist ausgebildeter Radio- und Fernsehtechniker, was den Vorteil hat, dass er in der Lage ist, seine eigenen Umsetzer selbst in Schuss zu halten. Zudem sorgt sein Faible für ausgefeilte Studiotechnik dafür, dass sich Radio Sonnenschein hörbar von fast allen anderen Südtiroler Sendern im positiven Sinne abhebt.  

Walter, wann wurdest Du vom Radio-Virus infiziert?

Das war schon sehr früh, so mit 15 oder 16 Jahren. Ich war damals CB-Funker und hatte Kontakt mit Karl Thalmann, dem heutigen Betreiber von Radio Nord. So erfuhr ich, dass in Bozen ein neuer privater Radiosender entstehen soll: Radio Rosengarten. Und da habe ich dann erstmals Radio gemacht. Das Studio befand sich auf dem Virgl (Bozner Hausberg; Anm.d.Red.), man musste den steilen Weg entweder zu Fuß bewältigen oder mit dem Motorrad. Meine erste Sendung war ein Wunschprogramm. Das habe ich zusammen mit einem Kollegen moderiert: ich auf Deutsch, er auf Italienisch.   

Was war dann Deine nächste Station?

Drei Leute haben sich nach geraumer Zeit von Radio Rosengarten getrennt, darunter auch Karl Thalmann. Diese haben 1977 Radio Nord gegründet, das bis heute existiert. Hier war ich dann nach Radio Rosengarten auf Sendung, anschließend auch bei der Freien Südtiroler Welle - hier habe ich unter anderem die legendäre MUM-Sendung moderiert (die Wunschsendung am Samstagabend; Anm.d.Red.) - bei Radio Grüne Welle und bei Radio Tirol. Bis sich die Sache mit Radio Brenner ergab. 

Wie kam der Kontakt zu Radio Brenner zustande?

Ich habe mich dort ganz offiziell beworben und hatte dann auch ein Vorstellungsgespräch. Wenig später bekam ich die Zusage. Das war schon etwas ganz Besonderes, auf Radio Brenner zu moderieren. Einmal war da das riesige Sendegebiet bis nach Bayern, und außerdem konnte ich von den deutschen Mitarbeitern des Senders unglaublich viel lernen. Nicht zuletzt hat Radio Brenner wirklich sehr gut gezahlt. 

Während dieser Zeit machtest Du dir aber auch schon Gedanken über einen eigenen Radiosender, oder?

Der Gedanke war schon vorher da. Den hatte ich eigentlich schon sehr lange. Und im September 1982 habe ich das dann ja auch - parallel zu Radio Brenner, wo ich noch bis Ende 1983/Anfang 1984 auf Sendung war - realisiert. Das war zu Beginn eher ein Jux. Doch als dann bei Brenner die ganzen guten Leute nach Bayern abwanderten, um dort bei den ersten Privatsendern mit dabei zu sein, bin ich auch gegangen. Und dann habe ich mich voll auf Radio Sonnenschein konzentriert.   

Noch einmal zurück zur Gründung von Sonnenschein. Wie ergab sich das damals?

Ich habe zu dieser Zeit häufig mit Egon Telser und Kurt Tomboli Wanderungen unternommen. Dabei haben wir immer wieder über dieses Thema gesprochen. Irgendwann beschlossen wir dann, einen eigenen Sender zu starten. Zunächst haben wir mal einige Namen durchgespielt: Radio Alpha, Radio Delta und so weiter. Plötzlich kamen wir dann auf Sonnenschein, und dieser Name hat uns allen spontan gefallen. Das erste Studio befand sich in der Wohnung von Egon Telser, der Sender stand oberhalb von Tscherms. Das Programm kam vorwiegend vom Cassetten-Recorder. Mit dem Studio sind wir dann aber bald umgezogen, und zwar in das alte Gebäude neben unserem heutigen Sitz (Meraner Straße 16/A in Lana; Anm.d.Red.). Da haben wir dann auch begonnen, mit mehreren Umsetzern das Sendegebiet zu erweitern und richtiges Programm zu machen.  

Radio Sonnenschein gibt es nun bereits seit über 30 Jahren. Wie hat sich der Sender aus Deiner Sicht entwickelt?

Man merkt den Mitarbeitern auch heute noch die Leidenschaft an, Radio zu machen. Reich wird man zwar nicht damit, aber man kann davon leben. Sicher gab es auch mal Phasen, in denen ich ans Aufhören gedacht habe. Aber die Passion, Radio zu machen, hat jedes Mal überwogen. Radio vereinigt ja so viele Dinge in sich: Technik, Internet, Musik und Journalismus. Diese einzigartige Kombination hat mich stets veranlasst, weiter zu machen. Sicher war früher vieles einfacher. Vor Inkrafttreten des Mediengesetzes Anfang der Neunziger ging es in der Südtiroler Radioszene sehr viel lockerer zu. Heute muss man ja eine ganze Menge an Auflagen erfüllen, und die Kosten sind natürlich auch gestiegen. Man muss ins Programm investieren, muss Angestellte bezahlen und vieles mehr. 

Radio Sonnenschein ist aber tatsächlich einer der wenigen kleineren Sender, die durchgehalten haben. 

Das stimmt. Als im August 1990 das neue Gesetzt in Kraft trat, rief mich Willy Vontavon von Radio S 3 in Brixen an. Man hatte ja zwei Jahre Zeit, das Programm den neuen Gegebenheiten anzupassen, und Willy fragte mich, ob ich denn weitermachen würde. Ich hab' ihm gesagt: "Das ist mein Leben, natürlich mache ich weiter." S 3 wurde damals ja dann eingestellt. Wir hingegen haben uns angepasst und auch letztendlich die Konzession bekommen. Ich glaube, wenn man viel Enthusiasmus ausstrahlt, dann honorieren das auch die Hörer und die Werbekunden. Natürlich wird die Konkurrenz durchs Internet immer größer, aber da muss man als UKW-Radio eben auch dort aktiv sein. Wenn man das gut kombiniert, dann funktioniert es.

Du machst im Gegensatz zu vielen anderen Südtiroler Sendern immer noch eigene Nachrichten. Weshalb?  

Weil wir ganz einfach unabhängig sein wollen. Wir wollen selbst entscheiden, was wir senden und was nicht. Andere Stationen, die auf das gesamte Paket des Nachrichten-Dienstleisters RMI zugreifen mit Nachrichten, Werbung und Wetter, übernehmen das ja blind. Sie haben keinerlei Möglichkeit, auf die Inhalte Einfluss zu nehmen. Radio Holiday zum Beispiel hat ja deswegen begonnen, zusätzlich lokale Nachrichten aus dem Pustertal auszustrahlen. Angebote von der RMI zur Nachrichten-Übernahme habe ich schon häufig bekommen, habe aber immer abgelehnt. Und das werde ich auch in Zukunft tun. 

Eigentlich wurdet Ihr ja auch noch jahrelang dafür bestraft, dass Ihr die RMI-Nachrichten nicht übernehmt. Denn Zuschüsse vom Land gab es ja bisher keine.

Das trifft nicht nur auf uns zu, sondern auch auf Radio 2000, die Antenne und noch einige andere Sender. Das hat sich ja nun dank Landeshauptmann Arno Kompatscher glücklicherweise geändert. Es gibt neue Richtlinien für die Zuschussvergabe, von denen wir nun endlich auch profitieren.  

Du hast dich mit Radio Sonnenschein Ende der Neunziger ja neu positioniert. Aus dem "Von jedem etwas"-Format wurde ein Programm, das ganz klar auf die Jugend ausgerichtet ist. Was war der Grund dafür?

Das war eine ganz einfache Überlegung. Solch ein Format hatte damals noch keiner in Südtirol. Wir haben aber heute zunehmend wieder Elemente unseres früheren Formats im Programm, nachdem die Dance- und Techno-Welle mittlerweile doch sehr abgeflaut ist. Sicher spielen wir viel Mainstream. Das erfordert einfach die Situation auf dem Werbemarkt. Aber wir spielen zum Beispiel auch die alten Funk- und Soul-Songs aus den Achtzigern oder Siebzigern und haben regelmäßig einen Kult-Hit im Programm.  

Wie siehst Du die Zukunft von Radio Sonnenschein?

Wir sind schon sehr lange auf dem Markt. Da hat man seine fixen Kunden. Wir werden sicher immer wieder ins Programm investieren, Neues einführen und auch mal was ausprobieren. Langfristig glaube ich, dass die Zukunft des Radios im Internet liegt. Aber UKW wird sicher parallel immer weiterlaufen. 

Walter, vielen Dank für das ausführliche Gespräch.