"M 1 hätte dauerhaft einen
soliden Platz auf dem Münchner Radiomarkt eingenommen"
Interview mit Ex-M1-Geschäftsführerin
Maria-Theresia von Seidlein
(Copyright: uhini.de - 2006)
Frau
von Seidlein, wie
empfanden Sie persönlich die Zeit mit Radio M 1 im
Kabelpilotprojekt 1984/85?
Schließlich sendete man damals ja beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Es war recht
frustrierend, und wir haben nur durchgehalten, weil wir wussten,
dass bald terrestrische Frequenzen freigegeben werden.
Umso
enttäuschender war es dann sicher, dass Radio M 1 bei der
Frequenzvergabe nur 25 Prozent der Sendezeit auf 92,4 erhielt.
Welche medienpoltischen Gründe könnten damals eine Rolle
gespielt haben?
Man wollte die Zahl der
Frequenzen knapp halten. Vor allem auf Betreiben des Bayerischen
Rundfunks, der die neue Konkurrenz natürlich fürchtete. Da also
weniger Frequenzen ausgewiesen wurden als Anbieter vorhanden
waren, mussten die Frequenzen gesplittet werden. Die Sender, die
zuerst gemeldet und auch im Kabelpilotprojekt tätig waren, wurden
bevorzugt behandelt. Radio M 1 konnte daher die besseren,
attraktiveren Sendezeiten auf 92,4 abdecken als andere Anbieter.
Wie reagierte man, als neben Radio M 1, Radio Xanadu, Radio 44
und Radio Aktiv noch weitere Anbieter auf 92,4 untergebracht
werden sollten?
Natürlich sehr ungehalten. Wir stoppten ja aus Protest sogar für
einige Stunden den Sendebetrieb auf 92,4. Diese extrem unkluge und
realitätsfremde Entscheidung der BLM hat schließlich vor allem
den kleinen, unabhängigen Radiosendern sehr geschadet.
Im April 1988 erhielt
Radio M 1 20 Stunden tägliche Sendezeit auf 92,4. Es heißt, ein
Großteil der Gesellschafter habe zu diesem Zeitpunkt bereits für
eine Änderung des Musikformats (Schlager statt Rock-Musik) plädiert.
Ist das korrekt?
Die Formatänderung wurde durchgesetzt, nachdem ich meine Anteile
an Herrn Oschmann verkauft habe. Im Vorfeld war bereits darüber
diskutiert worden, ich hatte aber nicht mein Einverständnis
gegeben.
Warum wollten Sie an dem
Rock-Format festhalten?
Wir fühlten uns wohl damit. Es war eine Bauchentscheidung, kein
betriebswirtschaftlich motivierter Beschluss.
Glauben Sie, dass sich ein Programm wie M 1 mit einem
Rock-Musik-Format und Inhalten wie knappen Lokal-Infos, Kino- und
Buchtipps etc. (also so wie es von April bis Oktober 1988 lief)
langfristig in der Münchner Radiolandschaft etabliert hätte?
Schließlich waren die damaligen Einschaltquoten ja gar nicht so
schlecht.
Sicher hätte M 1 überlebt. Das Programm wäre im Laufe der Zeit
noch professioneller geworden und hätte dauerhaft einen soliden
Platz auf dem Münchner Radiomarkt eingenommen.
Was war - rückblickend gesehen - Ihr größter Erfolg bzw.
Ihre größte Enttäuschung bei Radio M 1? Wurden entscheidende
Fehler gemacht, was hätte man besser machen können?
Der größte Erfolg war die relativ gute Akzeptanz/Quote von Radio
M 1. Der größte Misserfolg war die Parzellierung der Frequenz
durch Jazzwelle, Radio 2day etc. Zum zweiten Teil der Frage: Man hätte
den Sender sicher professioneller managen können, vor allem was
die technische Seite anbelangt.
Glauben Sie, dass ein Rock-Musik-Format heute in München
Erfolgsaussichten hätte?
Ein moderates Rockformat, eventuell gemischt mit Einflüssen von
R&B, Hip Hop und Jazz, hätte sicherlich Erfolg.
Wie beurteilen Sie generell die aktuelle Privatradio-Landschaft
in der bayerischen Landeshauptstadt?
Gut, es ist zwar kein Sender dabei, den ich gerne höre. Aber ich
denke, aus wirtschaftlicher Sicht kann man Privatradio in München
als Erfolg werten.
Vielen Dank für das Gespräch.
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