'Mir geht das Top 40-Gedudel ziemlich auf den Keks' 

Interview mit Radio- und TV- Moderator Benny Schnier;
u.a. Bayerischer Rundfunk, Radio M 1, Radio Charivari, ZDF
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Benny Schnier, geboren am 28. April 1957 in Rahden/Westfalen, startete seine Karriere in den Siebzigern als erfolgreicher Schlagersänger. Mit Songs wie "Amigo Charly Brown", "Skateboard (Uh-ah-ah)" oder "Bin wieder frei" war er Stammgast in der ZDF-Hitparade und vielen anderen Musiksendungen. In der Folge moderierte er viele Jahre lang das ZDF-Ferienprogramm und arbeitete parallel bereits beim Radio. Seine erste Station war hier 1981 Bayern 3, viele weitere Sender sollten folgen (siehe Interview). 

Benny, der alleinerziehender Vater einer 19-jährigen Tochter (Marie-Christin) ist, fungiert heute als Moderator, Redakteur und  Autor bei "Gute Laune TV", wobei er auch in die Musik- und Programmplanung eingebunden ist. Der Pay-TV-Musiksender hat seinen Sitz in München; er ist in diversen Kabelnetzen und mittlerweile auch über Amazon-Channels empfangbar.

Benny, man kannte Dich als Sänger und als Moderator des ZDF-Ferienprogramms. 1981 übernahmst Du dann beim BR als einer der Nachfolger von Thomas Gottschalk "Pop nach Acht". Wie kam es dazu?

Es gab einen offiziellen Aufruf vom BR, und ich habe mich da angemeldet. Aus tausenden Bewerbern wurde dann eine Handvoll ausgesucht. Mit diesen Leuten veranstaltete man ein 2-tägiges Moderatorium. Zum Abschluss gab es eine Prüfung. Glücklicherweise wurde ich dann mit Fredy Kogel, Peter Illmann, Claus Krüsken und Dagmar Hellberg genommen. Zusammen mit Fritz Egner waren wir dann das neue "Pop nach Acht"-Team.

1983 gingst zu vom BR zu Radio Bavaria International/Radio M 1, das von Südtirol aus nach Bayern sendete. Was reizte Dich an diesem Wechsel?

Ich musste feststellen, dass die Strukturen beim BR doch sehr festgefahren waren. Bayern 3 war eine Servicewelle und dadurch eher schwerfällig was Veränderungen angeht. Neue Ideen ließen sich nur extrem schwer umsetzen. Da war der Reiz mit einer Art "Piraten-Radio" was Neues zu probieren schon ziemlich groß. Und der damalige Geschäftsführer von RBI/M1, Christoph Schmitz, hatte das Feuer und das nötige Gespür, um so etwas durchzuziehen. Das war so was wie Pionierarbeit und dadurch sehr reizvoll.

Mit M 1 aus Südtirol war es ja im Herbst 1983 schon wieder vorbei. Wie hast Du die folgenden Monate und den Start des Kabelpilotprojekts in München erlebt?

Da man uns (dem Sender M1) versprochen hatte, dass wir eine eigene UKW-Frequenz bekommen würden, wenn wir als Zugpferd ins Kabelnetz gehen, hat die Geschäftsleitung versucht, alle Mitarbeiter zu halten und die Gehälter entsprechend weitergezahlt. Eine ziemlich gewagte und mutige Aktion, weil man ja nicht wusste, was im Endeffekt dabei herauskommen würde.

Als es im April 1984 endlich in München via Kabel losging, folgte auf den ersten Enthusiasmus schon bald Ernüchterung, da man kaum Hörer hatte. Radio M 1 wechselte in der Phase bis zum Start über Antenne 1985, der entgegen der Versprechungen auf einer Splitting-Frequenz erfolgte, auch noch den Besitzer. Viele gingen, viele kamen, aber Du warst immer da. Warst Du quasi der "Fels in der Brandung"?

Das Problem war, dass aus der versprochenen "eigenen" Frequenz plötzlich nur eine Teilfrequenz wurde. Wir mussten uns das Programm mit anderen Sendern teilen. Jeder hatte nur ein Zeitfenster, verfolgte seine eigene Programmidee - es wurde zwischen den verschiedenen Sendestudios geswitcht. Eigentlich das totale Chaos und vermarktungstechnisch eine Katastrophe. Ich habe aber trotzdem gehofft, dass das "Versprechen" noch eingelöst wird. Und M1 war ja auch irgendwie mein "Baby" und das wollte ich nicht so schnell aufgeben. Außerdem musste es ja jemanden geben, der die "Neuen" anlernt und sie mit den Abläufen vertraut macht. "Fels in der Brandung" ist vielleicht etwas übertrieben, aber so was ähnliches.

Mit Maria-Theresia von Seidlein bekam M 1 noch vor dem UKW-Start eine Betreiberin, die zum Zeitpunkt der Übernahme eigentlich recht wenig Radioerfahrung hatte. Viele zeigten sich aber schon bald von dem "frischen Wind" recht positiv überrascht. Wie ging es Dir?

Ich war sehr skeptisch. Sie hatte den Sender für einen obligatorischen Minipreis erworben und keinerlei Radioerfahrung. Glücklicherweise hat sie sich auf das bestehende Team eingelassen und mit ihrer Energie den Sender auf die Erfolgsspur geführt. Richtig dicke Freunde sind wir aber nicht geworden. Wir hatten aber, glaube ich, gegenseitigen Respekt.

Irgendwann hast dann aber auch Du Radio M 1 verlassen. Was war der Grund und wie ging es dann weiter mit Deiner Radio-Laufbahn?

Thomas Gottschalk ging zurück zum BR und wurde dort Wellenchef von Bayern 3. Er wollte mit neuen Ideen den etwas eingerosteten Sender auffrischen. Da er tatsächlich ein "Fan" meiner Moderation und meiner Musikauswahl war (ja - wir durften damals die Musik noch selbst aussuchen), hat er mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, Teil seines Teams zu sein. Ich habe spontan zugesagt und dann u.a. "Mr. Mister" am Vormittag zusammen mit Jürgen Herrmann moderiert.

Mit Thomas Gottschalk warst Du über viele Jahre eng verbunden. Lagt Ihr auf einer gemeinsamen Wellenlänge?

Ja. Wir hatten nahezu den selben Musikgeschmack und dieselbe Vision was Radio angeht. Thomas wollte ja irgendwann unbedingt eine Classic-Rock-Station in München aufmachen. Das kannte er von Amerika und das haben wir dann später ja auch mit Xanadu Classic Rock versucht.

Bei Xanadu Classic Rock setzte man dann ja auch große Hoffnung auf den Gottschalk-Effekt. Trat der wie erwartet ein oder verpuffte er verhältnismäßig schnell?

Am Anfang lief es super. Thomas war Programmdirektor und moderierte die Morgenshow. Ich war Musikchef. Irgendwann verlor er die Lust an dem Projekt (was häufiger passieren soll), und sein Engagement wurde weniger. Dadurch rückten ich und die Redaktionsleiterin Barbara Fleischmann mehr in den Fokus der Gesellschafter. Leider glaubten sie unseren Worten nicht so sehr wie denen des "großen Meisters" – obwohl wir dieselbe Zielsetzung hatten. Ich habe dann noch versucht, mit einem befreundeten Marketingmann frischen Wind in den Sender zu holen, aber das stellte sich als ziemliches Eigentor heraus. Der "Freund" brachte wiederum eine Bekannten (Horst Bork – ehem. Falco-Manager) als neuen Geschäftsführer mit, und nach kurzer Zeit wurde ich mit ziemlich merkwürdigen Argumenten entlassen. Shit happens.

Du kamst schließlich zu Radio Charivari. Erzähl’ ein wenig von Deiner Zeit im Pressehaus.

Da möchte ich gar nicht so viel erzählen. Im Endeffekt war das am Schluss ein enttäuschendes Kapitel in meiner Radiolaufbahn. Ich habe da viel Herzblut reingesteckt. Es war ein tolles Team und es hat eine Weile großen Spaß gemacht, da zu arbeiten. Ich habe versucht, als Musikchef den erfolgreichen "M 1-Sound" im Sender zu etablieren, aber die Geschäftsführung und die Gesellschafter waren etwas zu ungeduldig und haben nur auf die Quoten geschaut. Obwohl wir eine spürbare Verbesserung erzielten, war ihnen das wohl zu wenig. Das lag sicher auch daran, das im Hintergrund ein "Mister X" sein Unwesen trieb, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Ich habe dann irgendwann für mich gemerkt, dass das "optimierte" Radio nicht mehr mein Ding war und bin zum Fernsehen gewechselt. Auch da ist nicht alles optimal, aber meine persönliche Enttäuschung hält sich in Grenzen. Vielleicht kann ich damit mittlerweile auch besser umgehen.

Wie beurteilst Du die Münchner Radioszene heute?

Ganz ehrlich? Enttäuschend. Mir geht das Top 40-Gedudel ziemlich auf den Keks. Wenn man zwischen den einzelnen Sendern rumschaltet, kann es einem passieren, dass man ziemlich oft exakt denselben Song hört. Vielfalt ist was anderes. Ich war noch nie ein Freund von 500-Titel-Playlisten. Dafür ist in den letzten 40 Jahren viel zu viel gute Musik erschienen. Es gab mal eine Zeit, da hat man als Radiosender auch Hits "gemacht" und nicht nur Hits gespielt. Heute werden Titel vor einem zusammengewürfelten Auditorium "getestet", um im Programm laufen zu dürfen. Da bekomme ich echt Bauchschmerzen. Der Optimierungswahn erstickt jegliches Bauchgefühl. Nicht meins, aber wer’s mag – bitte schön.

Benny, vielen Dank für das ausführliche Interview.